LEIDENSCHAFT EXTREM

LEIDENSCHAFT EXTREM

Mountainbiken an den unwirklichsten Plätzen der Welt

VON ANJA FAHS

(Veröffentlicht in Das Produktkulturmagazin Ausgabe 1 2015)

Der Wind peitscht Regen und dichte Wolken über die kahlen Hügel, die Temperatur liegt knapp über Null Grad Celsius. Tosend stürzen Wasserfälle über die Felskanten und die Gischt mischt sich mit dem Nebel, der vom Tal aufsteigt. Der Ausblick über die weite, karge Landschaft mit ihren schroffen schwarzen Formationen aus erstarrter Lava ist atemberaubend. Steil geht es hier tückische Geröllpisten hinunter, das ist gefährliches Terrain für Mountainbiker – und genau darum das Paradies für die Crew vom Team „InFocus“.

Das professionelle Mountainbike-Team der Münchner Filmproduktions-Firma „Moment Pictures“ bereist auf der Suche nach exotischen, außergewöhnlichen und unerforschten Gebieten die ganze Welt. Je ausgefallener, unbekannter und extremer, desto besser. Sie suchen möglichst die Trails, über die noch nie ein Mountainbike-Reifen gefahren ist. Und darum stehen jetzt Flo Berghammer und Andi Tillmann aus Deutschland zusammen mit ihrem US-amerikanischen Freund Kyle Jameson und ihren Bikes auf einem schmalen Pfad namens Reykjadalur mitten in Islands Wildnis. Der Weg führt zwischen 110 Grad heißen Schwefelquellen hindurch. Bei einem unvorsichtigen Tritt oder gar einem Sturz drohen gefährliche Verbrennungen.

Aber genau solche Locations suchen die Mountainbiker für ihre Serie „Into the Dirt of ...“. Nach Namibia und dem Ätna auf Sizilien ist Island ihre dritte Station und ein so ungewöhnlicher Ort, dass die Crew eine Weile braucht, um sich wirklich zurechtzufinden. Dazu gehört nicht nur das in diesem Sommer besonders kalte und nasse Wetter, sondern auch die Tatsache, dass es nie dunkel wird. „Oft haben wir einfach die Zeit vergessen“, erzählt Andi Tillmann. „Jedoch ist es bei solchen extremen sportlichen Aktivitäten sehr wichtig, rechtzeitig mit der Arbeit aufzuhören, um Überlastung und somit mögliche Verletzungen zu vermeiden.“ Zusätzlich mussten sie darauf achten, den fragilen Flechten-Boden der isländischen Natur beim Biken nicht zu beschädigen. Es wurde primär auf ausgewiesenen Trails gefahren – querfeldein ging es nur auf solchem Terrain, das beim Befahren keine Angriffsfläche für Bodenerosion bietet, also beispielsweise Geröllpisten.

Jede noch so kleine Pause im isländischen Dauerregen wurde zum Biken genutzt. Die besten Verhältnisse fand das Team am Thórsmörk-Trail. Mit den Bikes auf dem Rücken kletterten Andi, Flo und Kyle vier Stunden lang den Berg hinauf. Aber der strapaziöse Aufstieg war es wert und sie wurden mit einer rasanten Downhill-Tour belohnt. Weitere Spots in Island waren der riesige Wasserfall Skógar und das Gebiet Kerlingar, ebenfalls eine geothermische Gegend. Jedoch hatte der Regen den Boden in eine klebrige Schlamm-Masse verwandelt, die das Fahren unmöglich machte. „Dieser Ort gleicht Modor aus Herr der Ringe“, berichtet Andi. „Flo und ich fanden dann doch eine vielversprechend aussehende Linie auf einer Bergkante. Das war sicher eines der furchterregendsten Fleckchen Erde, über das wir jemals gefahren sind: Rechts und links kochend heiße Quellen und ein viel zu weicher Boden für Freeride-Lines“.

Island ist ein herausforderndes Land zum Mountainbiken, und dank seiner wunderschönen Landschaft und des ungewöhnlichen Terrains bietet es unvergessliche Bike-Erlebnisse. Ähnliche Momente hatte das InFocus-Team auch schon in Namibia gehabt, als sie es als erste Mountainbiker überhaupt schafften, die Sanddünen der Skelettküste zu befahren. „Bisher galt Namibia als weißer Fleck auf der Mountainbike-Weltkarte“, erinnert sich Andi. „Es ist nicht gerade das meistfrequentierte Land, wenn es ums Mountainbiken geht.“ Aber das Team hatte Glück, denn es erlebte beispielsweise im Okomjima-Raubkatzen-Schutzgebiet ein wunderschönes grünes Land, da es gerade geregnet hatte. In der Ganab-Wüste fanden sie großartige Abfahrten und erlebten die Magie der Wüste in stillen Nächten, nur unterbrochen von Tierlauten. „Lange war fraglich, ob wir überhaupt in den Dünen fahren können. Am Ende war es großartig. Der Sand hat durch die Nähe zum Meer eine dünne Salzkruste auf der Oberfläche“, beschreibt Andi den ersten Mountainbike-Ride in den riesigen Wellen aus Sand. „Sobald man Tempo aufgenommen hatte, spritzte der Sand wie Schnee beim Snowboarden.“

Die letzte Station auf der „Into the Dirt of“-Tour ist Kanada. Dort ist das Team im Moment zusammen mit den Mountainbike-Profis Nico Vink und Kyle Jameson im „Whistler Mountain Bike Park“ unterwegs. Der Park gilt als absolute Nummer Eins unter den mit Liften ausgestatteten Downhill-Bike-Parks der Welt. Und das aus gutem Grund. Er bietet mehr Terrain als jeder andere Park in den USA und präsentiert Trails, die sich über fast 5.000 Fuß Höhenunterschied erstrecken. Eine schöne Location für den Abschluss der „Into the Dirt of“-Edition.

momentpictures.com

redbull.com

Picture credits © Toby Cowley/Red Bull Contentpool


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