IM DIENSTE IHRER MAJESTÄT

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Bremont Chronometer aus England

VON ANJA FAHS

(Veröffentlicht in Das Produktkulturmagazin Ausgabe 1 2015)

Gerade startete Matthew Vaughns neuester Kinofilm „Kingsman: The Secret Service“ in den deutschen Kinos und versammelte eine illustre Schar von Hollywood-Größen wie Samuel L. Jackson, Michael Caine, Mark Strong und den Newcomer Taron Egerton auf der Leinwand. Der rasante Actionstreifen erzählt die Geschichte einer Gruppe britischer Geheimagenten. Wie alle englischen (Film-)Spione seit James Bond, haben auch Vaughns Männer im Dienste Ihrer Majestät ein besonderes Verhältnis zu ihren Uhren. Die  „Kingsmen“ tragen einen speziell für die Leinwand entworfenen Chronometer der britischen Uhrenmanufaktur Bremont. Die  „Kingsman“-Uhr in limitierter Auflage ist auch in der realen Welt erhältlich.  

Gegründet 2002 von den Brüdern Giles und Nick English, ist Bremont eine relativ junge Marke in der ansonsten traditionsreichen und langlebigen Luxusuhrenindustrie. Beide Brüder sind leidenschaftliche Piloten und verrückt nach historischen Flugzeugen, ihre Kollektionen sind Ausdruck dieser Passion. Nach der Gründung brauchte es weitere fünf Jahre Entwicklungszeit, bis die ersten Fliegeruhren von Bremont auf den Markt kamen. Alle Uhren der beiden Briten sind handgefertigt und nur in limitierter Stückzahl erhältlich. Kein Wunder, dass die Zeitmesser schnell sehr begehrt wurden und heute die Handgelenke zahlreicher Hollywoodstars, Musiker und Abenteurer zieren. Das britische Militär und bedeutende englische Marken wie beispielsweise Chivas Regal und Jaguar kooperieren seit Jahren eng mit Bremont. 

Wir sprachen mit Bremont-Mitgründer und -Inhaber Giles English über seine durch und durch britischen Chronometer und über die Gründe, die Bremont zu einem begehrten Marketing-Partner machen. 

Wie sind Sie Uhrmacher geworden? 

Giles English: Das geht alles auf meinen Vater zurück, der ein erstaunlicher Mann und wundervoller Ingenieur war und in Cambridge seinen Doktor im Luftfahrtsingenieurwesen gemacht hatte. Er war aber auch ein sehr praktisch veranlagter Ingenieur und hatte eine Werkstatt, in der er Flugzeuge baute – und sogar ein Boot, in dem wir als Kinder lebten. Eine weitere Leidenschaft galt Uhren. So wuchsen Nick und ich umgeben von Uhren und Zeitmessern auf und liebten diese. Ich ging dann auf die Universität, um Ingenieur zu werden und war bereits in den Familienbetrieb zur Wiederherstellung alter Flugzeuge involviert. 

Unser Leben veränderte sich im Jahr 1995, als mein Vater und mein Bruder mit dem Flugzeug abstürzten. Mein Vater starb bei dem Flugzeugabsturz, während mein Bruder sich 30 Knochen brach und viele Monate auf der Intensivstation verbrachte. Nach seiner Genesung hatten Nick und ich begriffen, wie kurz das Leben ist und wollten etwas tun, das wir beide liebten – und genau das haben wir getan. Wir beide gaben unsere Jobs in der City auf, um stattdessen Uhren zu bauen. Fünf Jahre hat es gedauert, bis wir unsere erste Uhr auf den Markt brachten. Sie ist aus Leidenschaft, Entschlossenheit und viel harter Arbeit entstanden! 

Wo kommt der Markenname „Bremont“ her?  

G. E.: Unser Nachname ist „English“, und eine britische Uhrenmarke, auf deren Uhren dann „English“ steht, wäre nicht nur schwer zu schützen gewesen. Diese Lösung kam uns auch etwas billig vor. Stattdessen half eine Zufallsbekanntschaft. Ein paar Jahre nach Nicks Unfall waren wir wieder in der Luft und flogen in einem alten deutschen Doppeldecker über Frankreich, als uns schlechtes Wetter zu einer Notlandung zwang. Wir landeten in einem Erbsenfeld mitten in der Champagne. Das Feld gehörte einem alten Bauern. Wissen Sie, wenn man in England oder in den USA auf einem Acker notlandet, stecken Sie dem Landwirt einfach eine Flasche Whiskey zur Entschuldigung zu, aber in Frankreich ist das ganze viel bürokratischer und mit viel Papierkram verbunden. Diesmal jedoch glücklicherweise nicht. Der Bauer half uns, das Flugzeug in seine Scheune zu schieben, und wir blieben ein paar Tage bei ihm, während wir auf besseres Wetter warteten. Er hatte ganz ähnliche Leidenschaften wie wir. Selbst ein ehemaliger Pilot im Zweiten Weltkrieg, war er genauso interessiert an Flugzeugen wie Nick und ich. Er hatte auch eine schöne Werkstatt und erinnerte uns sehr daran, wie wohl unser Vater gewesen wäre, wäre er 80 geworden. Der Bauer hieß Antoine Bremont und daher unser Name. 

Bremont hat Partnerschaften mit mehreren anderen Marken, darunter Jaguar und Chivas. Welche Idee steckt hinter diesem Marketing-Ansatz?   

G. E.: Wir suchen nicht aktiv nach neuen Partnerschaften, sie sind tatsächlich ganz von alleine zustande gekommen. Das bedeutet, sie sind nicht nur aus reinen Marketing-Überlegungen heraus entstanden. Zu jeder Marke, mit der wir arbeiten, haben wir eine Verbindung, wie zum Beispiel die gemeinsame britische Herkunft oder einen Ingenieursbezug, etwas, das an unsere Markenwerte anknüpft. Mit Chivas arbeiten wir schon seit vielen Jahren bei unseren  „In-Boutique“-Events zusammen. Als sie dann für ihre  „Made for Gentlemen“-Kampagne auf uns zukamen, war es uns eine große Ehre. Wir entdeckten schnell viele Gemeinsamkeiten der Herstellung von Whiskey und Uhren, wie Handwerk und Könnerschaft, von der demographischen Ähnlichkeit unserer Zielgruppen ganz zu schweigen. 
Eine ebenso langjährige Geschäftsbeziehung haben und hatten wir mit Jaguar, für die wir in der Vergangenheit Autouhren für einige ihrer Konzeptfahrzeuge gebaut haben. Erst kürzlich haben wir eine spezielle Uhr zur Feier des Lightweight E-Type gebaut, die nur für die sechs Besitzer des Autos erhältlich war. Jaguar ist eine ikonische britische Marke, die für außergewöhnliche Ingenieurskunst steht, und so war es ein Privileg, zusammen zu arbeiten. 

Sind die Markenpartnerschaften eher nur kampagnen- bzw. projektorientiert oder steckt mehr dahinter? Was verspricht sich Bremont davon?    

G. E.: Die meisten unserer Partnerschaften haben tendenziell mehr Substanz, als nur eine einfache Marketing-Aktion mit einem weiteren Logo auf dem Zifferblatt zu sein. Unsere Partnerschaft mit Martin-Baker zum Beispiel wurde über zweieinhalb Jahre vorbereitet. Diese britische Firma deckt 70 % des globalen Bedarfs an Schleudersitzen für die Luftwaffe und hat bis heute 7.200 Leben gerettet. Martin-Baker wollte eine Uhr produzieren, die demselben strengen Testprozedere wie die Schleudersitze selbst standhalten sollte. Diese Tests, anders als multiple  „Live-Auslösungen“, simulieren Vibrations-, Schock-, elektrostatische und Temperaturtests, Salznebel- und Korrosionsprüfungen usw. – Belastungen, die sonst über etwa 40 Jahre auftreten würden. Um diesen standzuhalten, musste unsere Uhr wesentlich verändert werden. Somit entwickelte Bremont ein bewegliches Anti-Schock-Uhrwerk und einen antimagnetischen Faraday-Käfig. Diese Technik verwenden wir seitdem auch in einigen unserer anderen Modellreihen. Wenn wir das technische Know-how unserer Partner so nutzen können, ist das eine beträchtliche Ressource, zu der ein Unternehmen unserer Größe normalerweise keinen Zugang hätte. 

Wie wählen Sie Ihre Marken-Partner aus?    

G. E.: Es gibt viele verschiedene Dinge, die uns inspirieren, seien es Autos oder Flugzeuge, doch wenn wir uns für ein neues Projekt engagieren, muss es etwas sein, das uns wirklich begeistert. Es treten viele Menschen oder Marken an uns heran, die wollen, dass wir Uhren für sie machen, und für uns muss die Assoziation Sinn machen. Im Fall von Martin-Baker war klar, dass sie uns eine einzigartige Testanlage bieten konnten, die unsere Uhrmacherei verbessern würde. Unsere Zusammenarbeit mit Martin-Baker hat uns außerdem einen großen Teil unserer Arbeit für das Militär gebracht. 
Oder nehmen Sie die Firma Norton, die ein neues Motorrad in einer Auflage von 200 Stück rausbrachte, und sowohl Nick als auch ich lieben Bikes. Wenn solch große britische Unternehmen an uns herantreten, braucht es keine große Überzeugung. Ihr Styling ist zudem sehr klassisch und gefällt uns. 

Was braucht eine Marke oder ein Produkt, um „ikonisch britisch“ genannt zu werden?     

G. E.: Handwerkskunst, Tradition und Stil sind essentiell.  

Erleben Sie im Moment ein  „Revival“ britischer Marke und Produkte?      

G. E.: Definitiv. Großbritannien ist bekannt für seine Tradition, Handwerkskunst und lange Geschichte. Britische Produkte haben etwas, das Verbraucher auf der ganzen Welt schätzen, und ich denke, es wird immer Nachfrage nach „British made“ bestehen. Unser Ziel war es immer, die Uhrmacherei zurück nach England zu bringen, da sie hier eine lange Tradition besitzt. Unsere Uhren werden alle in Großbritannien designt, montiert und einige Teile auch hier hergestellt. Zudem haben wir ein langfristig angelegtes Investitionsprogramm, mit dem wir soviel Fertigung zurück nach England holen wollen, wie wir können. Wir haben bereits angefangen, Gehäuse und Teile des Uhrwerks hier zu produzieren, wobei es noch viele Jahre Investitionen braucht, bis wieder ein komplettes Uhrwerk in Großbritannien produziert werden kann. Britisch zu sein ist sicherlich etwas, das unsere Kunden an der Marke Bremont schätzen. 

Was ist die DNA einer Uhr von Bremont?       

G. E.: Bei Bremont dreht sich alles um Technik, Fliegerei und Abenteuer. Die Uhren sind robust und halten Belastungen stand, die weit über alltägliche Anforderungen hinausgehen. Ihr Design ist zeitlos und so können sie sowohl in der Chefetage als auch auf dem Gipfel des Mount Everest getragen werden.  

Wie viel des Produktionsprozesses ist in Großbritannien angesiedelt? Was kann nicht in England erledigt werden?        

G. E.: Die gesamte Montage ist derzeit in Heneley-on-Thames angesiedelt. Und die Einführung unserer neuen Wright Flyer Limited Edition mit dem neuen BWC/01-Uhrwerk markiert für Bremont den Beginn der Herstellung einer Reihe von Schlüsselteilen des Uhrwerks in unseren Werkstätten in Großbritannien, in denen wir auch Gehäuse produzieren. Dies ist für uns der erste Schritt, unsere Produktion komplett nach England zu verlegen, doch dieser Prozess ist langsam und sehr teuer.  

Bitte beschreiben Sie die Zielgruppe von Bremont. Für wen machen Sie Ihre wundervollen Produkte?       

G. E.: Wir haben das Glück, einige wunderbare Kunden zu haben – von großen Sammlern bis zu Piloten, die ihre erste Fliegeruhr kaufen. Ihre Interessen sind oft das Abenteuer, Maschinenbau oder Luftfahrt. Wir sind keine offensichtliche „Status“-Marke und so haben alle Besitzer gemein, dass sie Personen sind, die anders sein wollen. Wir sind auch sehr stolz darauf, dass 20 Prozent unserer Produkte Uhren für das Militär sind.  

Viele Prominente tragen Bremont-Armbanduhren. An welchem Handgelenk sehen Sie Ihre Uhr besonders gerne?        

G. E.: Es gibt niemanden, der unsere Uhren trägt, auf den wir besonders stolz wären. Wir lieben es, dass echte Forscher unsere Uhren auf ihren Expeditionen tragen, wie zum Beispiel Ben Saunders, der die Terra Nova testet, während er Robert Falcon Scotts Schritte zum Südpol nachverfolgt. Auch die militärischen Geschwader, die Bremont überall in der Welt tragen, sind etwas unglaublich Besonderes.  

Welche Person würden Sie gerne eine Bremont-Uhr tragen sehen?         

G. E.: Meinen Vater, der unsere Uhren leider nicht mehr erleben konnte.  

Wer ist die ungewöhnlichste Person, die je eine Bremont getragen hat?          

G. E.: Das dürfte wohl der Stuntman Gary Connery aus Henley sein. Im April 2012 hat Gary einen neuen Weltrekord aufgestellt. Er war der erste Mensch, der jemals mit einem Wingsuit aus einem Hubschrauber gesprungen und ohne Fallschirm gelandet ist. Er ist ein geradezu fantastischer Botschafter für Bremont, ein weiterer Abenteurer, der unsere Uhren im „Feld“ testet und zudem eine starke Verbindung zum Fliegen aufweist, die gut zu uns passt.  

Abgesehen von Bremont, welche ist Ihre Lieblingsuhr oder -marke?           

G. E.: Die George Daniels Space Traveller. 

Was für eine Uhr werden wir niemals an Ihrem Handgelenk sehen?            

G. E.: Eine Quarzuhr. 

Sie sind leidenschaftlicher Pilot und haben sicherlich schon einige riskante Situationen durchlebt. Gibt es noch ein Abenteuer oder eine Erfahrung, die Sie reizt?            

G. E.: Es gibt noch viele Abenteuer, die ich gern erleben möchte. Zum Beispiel wollte ich schon immer um die Welt segeln und Afrika auf dem Motorrad durchqueren. Doch erst muss sich mein Rücken von meinem Flugzeugabsturz vor 18 Monaten erholen.

bremont.com

Picture credits © Jaap Buitendijk


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