I WANT TO RIDE MY BICYCLE...

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E-Bikes verhelfen dem Volkssport Fahrradfahren
zu neuer Popularität

VON ANJA FAHS

(Veröffentlicht in Das Produktkulturmagazin Ausgabe 3 2014)

Sportlich, flink und unabhängig, so sieht sich jeder am liebsten auf seinem Fahrrad. In der bitteren Realität wird dieses Bild jedoch von Schwitzen, Schieben und fiesen Bergen eingetrübt. Wirklich entspannt sehen nur jene Radler aus, die elektrisch fahren. Vor allem im Stadtverkehr zeigt das Fahrrad seine Vorteile. Elegant gleitet der Radler an den Staus des Berufsverkehrs vorbei, keine Parkplatzsuche ist notwendig und man startet gut gelaunt in den Tag, denn man hat ja bereits etwas für die Gesundheit und die Umwelt getan.

Die US-amerikanische Firma Cannondale ist einer der führenden Fahrradhersteller weltweit. Ihre E-Bike-Modelle gehören zu den besten Bikes, die es aktuell auf dem boomenden Markt für Elektrofahrräder gibt, und die Verkaufszahlen steigen weiterhin rasant an. Wir sprechen mit Marcel Geurts, verantwortlicher Senior-E-Bike-Produktmanager im Research & Development Office von Cannondale, über die neue Popularität von E-Bikes und den legendären Ruf Cannondales in der Fahrradbranche. 

Wie erklären Sie sich die rasante Entwicklung der E-Bike-Nachfrage?  

Marcel Geurts: Wenn ein Produkt zusätzliche, sinnvolle Vorteile gegenüber einem herkömmlichen Produkt bietet, ist der Erfolg ja praktisch vorprogrammiert. Das passiert gerade mit E-Bikes im Vergleich zu normalen Fahrrädern, denn immer mehr Menschen wissen die positiven Effekte eines E-Antriebes zu schätzen. Die Erfolgsfaktoren für die gestiegene Akzeptanz und das größere Interesse an E-Bikes bei den Endverbrauchern sind sicherlich die gestiegenen Reichweiten und möglichen Gewichtseinsparungen durch die rasante Entwicklung im Batteriebereich in den letzten 10 Jahren. Die Angst, dass einem der Saft unterwegs ausgehen könnte, ist eigentlich kein Thema mehr. Aber auch auf Seiten des Fahrraddesigns hat sich viel verändert und die aktuellen E-Bikes haben kaum noch was gemein mit dem klobigen und unattraktiven Look vergangener Modelle. Diese beiden Entwicklungen haben sicherlich einen großen Teil zum Durchbruch der E-Bikes beigetragen.

Der E-Bike-Markt boomt, die Verkaufszahlen steigen jedes Jahr kontinuierlich an und es gibt inzwischen eine große Auswahl an unterschiedlichsten E-Bikes in allen Preisklassen. Trotzdem ist das Fahren von Elektrofahrrädern noch lange nicht so populär, wie es eigentlich sein könnte. Warum ist die breite Masse immer noch nicht auf ein Elektrorad umgestiegen?

M. G.: In meinen Augen kann man heute definitiv schon von einem Massenmarkt für E-Bikes sprechen. In Deutschland wurden beispielsweise in 2013 allein 400.000 E-Bikes verkauft. Der Fahrradfachhandel nimmt in der Bedienung dieses großen Marktes eine besonders wichtige Rolle ein, denn ein E-Bike ist ein komplexes System mit viel moderner, erklärungsbedürftiger Technik. Wer das Geld für ein qualitativ hochwertiges und verlässliches E-Bike in die Hand nimmt, erwartet eine entsprechende Beratung und einen kompetenten Servicepartner vor Ort. Wir sind der festen Überzeugung, dass dies nur ein speziell geschulter Fahrradfachhandel leisten kann. Cannondale Bikes wird man daher auch niemals in einem Baumarkt finden, egal wie sehr „Massenmarkt“ das Thema E-Bike auch sein wird.

Worauf sollte man beim Kauf eines E-Bikes achten? Was sind die wichtigsten Kriterien für ein gutes Elektrofahrrad?

M. G.: Bekannte und etablierte Markenanbieter bieten für gewöhnlich auch meist gute Qualität. Beim Kauf sollte man immer darauf achten, dass nicht nur die Antriebseinheit gut ist, sondern auch das Fahrrad, also die Kombination von Rahmen und Anbauteilen harmoniert und auf die höheren Belastungen (Gewicht der Antriebseinheit und der Batterie) eines E-Bikes ausgelegt ist. Antriebsseitig sind Motor, Sensor und eine optimal eingestellte Software die Basis für eine angenehme Kraftentwicklung. Für ein gutes, komfortables Fahrgefühl sind aber auch Rahmengeometrie, Federgabeln und Anbauteile wie zum Beispiel hydraulische Bremsen ausschlaggebende Faktoren. 

Ob und wie gut das Antriebssystem mit dem Fahrrad abgestimmt ist, ist für den Endverbraucher oftmals nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Ich empfehle daher immer, bei einer Probefahrt unterschiedliche E-Bikes und Systeme miteinander zu vergleichen. Hier wird der Unterschied dann sofort deutlich. Bei der Kaufentscheidung sollte man sich an das Fahrrad halten, auf dem man sich am wohlsten gefühlt hat. Denn stimmt das Fahrgefühl nicht, helfen auch keine hochwertigen Anbauteile.

Wie unterscheiden sich die E-Bikes von Cannondale von anderen Modellen auf dem Markt, was macht sie so besonders?

M. G.: Wir betrachten ein Fahrrad immer in seiner Gesamtheit und als vollständiges System. Ein Bike ist immer nur so gut wie das Gesamtergebnis aller seiner Einzelteile. Das ist unsere Philosophie für alle Fahrräder, die wir herstellen, wir nennen es „System Integration“. Ein Beispiel: Wir waren einer der ersten Hersteller, die den Gepäckträger direkt mit dem Rahmen verschweißt haben anstatt ihn nur zu verschrauben. Somit wird der Gepäckträger ein integrierter, fester Teil der Rahmenkonstruktion. Diese Bauweise verbessert die Fahreigenschaften erheblich und ermöglicht zudem eine deutlich höhere Zuladung.

Darüber hinaus bieten wir mit unseren Headshok-Gabeln ein einzigartiges Federungssystem an, das bei Cannondale selbst entwickelt wurde. Im Gegensatz zu den Federgabeln von Mitbewerbern, in denen meist aus Kostengründen simple Dämpfer verbaut werden, arbeiten in den Headshok Gabeln-sogenannte Nadellager. Diese Technik sorgt für ein sensibles Ansprechverhalten und eine deutlich höhere Steifigkeit bei gleichzeitig extrem geringem Gewicht. So ist unsere Headshok-Gabel genauso leicht wie einige Federgabeln, die bei Cross-Country-Mountainbikes im Rennbereich eingesetzt werden.

Cannondale gründete 2010 zusammen mit der Robert Bosch GmbH eine Entwicklungspartnerschaft für E-Bikes. Warum wurde Robert Bosch als Partner ausgewählt?

M. G.: Cannondale half Bosch, die Bedürfnisse der Fahrradfahrer und der Bike-Industrie besser zu verstehen. Mit der Kraftfahrzeugtechnik-Erfahrung von Bosch und dem Fahrrad-Know-how von Cannondale konnte die erste Generation der Bosch-Antriebe entwickelt werden. Mittlerweile ist Bosch Marktführer im Bereich der Antriebstechnik für E-Bikes.

Cannondale genießt einen unglaublich guten Ruf in der Fahrrad-Industrie, einige Modelle haben bereits Ikonen-Status. Woher kommt diese hervorragende Reputation?

M. G.: Cannondale ist seit seiner Gründung im Jahr 1971 ein wichtiger Teil der Fahrrad-Industrie. Seit dieser frühen Zeit stehen wir für Innovation, unglaublich leidenschaftliche Leistung und unsere unkonventionelle Denkweise. So läutete das erste Bike von Cannondale, das ST-500 Tourenrad, im Jahr 1984 mit seinem extrem leichten Rahmen aus überdimensionierten Aluminiumrohren eine neue Ära im Rahmenbau ein. Aber auch innovative Dämpfungskonzepte, wie die im Jahr 2000 eingeführte Lefty-Federgabel mit ihrer außergewöhnlichen, einarmigen Bauart, sorgten für Furore auf dem Markt. Eine spannende Geschichte schrieb sicherlich auch das 2003 neu vorgestellte Rennrad Cannondale Six13. Dieses Rad war so leicht, dass die Mechaniker gezwungen waren, es für die Tour de France mit zusätzlichen Gewichten auszustatten, um auf das Mindestgewicht der UCI-Regularien von 6.8 kg zu kommen. Cannondale startete darauf eine Kampagne unter dem Motto „Legalize my Cannondale“ – was die UCI im Gegensatz zu uns natürlich nicht sonderlich witzig fand. Alles in allem haben viele unserer mit Leidenschaft entwickelten, innovativen Produkte Fahrradgeschichte geschrieben und sind zu Meilensteinen geworden, die den Markt langfristig geprägt haben und es auch weiterhin tun werden.

Cannondale-Fahrräder kann man nicht an jeder Ecke bekommen, denn ein Markenzeichen von Cannondale ist, dass das Unternehmen nur mit eigens lizensierten Händlern und Verkäufern arbeitet. Was ist der Grund dafür?  

M. G.: Cannondale-Fahrräder und Accessoires sind Premium-Produkte. Wir arbeiten daher auch nur mit entsprechend ausgewählten Händlern zusammen, die unsere Marke repräsentieren und eine hohe Servicequalität bieten können.  

Zahlreiche sehr erfolgreiche Sponsoringaktivitäten im Profiradsport gehören zum Marketing-Engagement von Cannondale. Hatten die Erfahrungen aus dem Profiradsport auch Auswirkungen auf die Modellentwicklung im Consumer-Sektor?

M. G.: Ja natürlich. Wir glauben an unser Sport-Sponsoring und an unsere Athleten. Diese Sportler sind nicht nur tolle Markenbotschafter, sie sind auch unglaublich gute Fahrradfahrer mit einem großartigen Gefühl für ein Bike. Darum sind unsere Profi-Sportler auch mit ihrem Know-how in den gesamten Produktentwicklungsprozess eingebunden.

Fahren Sie persönlich auch ein E-Bike oder sind Sie der konventionelle Radler? 

M. G.: Privat fahre ich alle Arten von Fahrrädern. Ich habe im Moment gerade acht Räder in meiner Garage. Zwei davon sind E-Bikes. So bleibe ich offen für alle Bereiche des Fahrradfahrens. Um zur Arbeit zu pendeln, benutze ich meist ein E-Bike. Für sportliche Aktivität in meiner Freizeit bevorzuge ich aber ein normales Fahrrad.

Mit wem könnten Sie sich eine Fahrt auf einem Tandem vorstellen? 

M. G.: Mit meiner Frau. Aber ich würde am Lenker sitzen.

cannondale.com

Picture credits © Cannondale


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