AUSGESCHLAFEN AUFGEWACHT

AUSGESCHLAFEN AUFGEWACHT

Wohlfühlen mit der perfekten Matratze 

VON SANDY STRASSER

(Veröffentlicht in Das Produktkulturmagazin Ausgabe 4 2015)

Er ist komplex und doch so einfach wie genial – der menschliche Bewegungsapparat. Seit über 90 Jahren erforscht das Unternehmen Ottobock dieses Wunderwerk und verhilft im Falle einer Einschränkung zu mehr Mobilität und damit zu einem selbstbestimmteren Leben. Doch wie können wir unserem Körper gezielt die Entspannung gönnen, die er verdient? Denn Kraft, Bewegung, eine gesunde Haltung, all das kann sich nur im Einklang mit effektiven Ruhephasen optimal entfalten. Am Standort in Duderstadt produziert das Unternehmen daher seit vielen Jahren Schaumstoffe für namhafte Matratzenmarken. Mit matrazzo® vertreibt Ottobock nun erstmals sein eigenes Produkt. Wir haben mit Jürgen Henze, Geschäftsführer der Ottobock Kunststoff GmbH, über diesen strategischen Richtungswandel gesprochen.

Herr Henze, bisher waren Sie lediglich als Lieferant für namhafte Matratzenproduzenten tätig. Wann haben Sie sich dazu entschlossen, Ihr Know-how in Ihr eigenes Produkt zu stecken? Was waren die Beweggründe?

Die Idee ist eigentlich schon lange in meinem Kopf herumgeschwirrt. Streng genommen, ein paar Jahre, bevor es überhaupt konkrete Pläne gab. Die Beweggründe sind ganz einfach: Wir produzieren seit über 60 Jahren Schaumstoffe, und das Besondere an unserer Arbeit liegt in der Entwicklung. Wir stellen nicht einfach nach einem klassischen Rezeptkatalog verschiedene Produkte her, wir entwickeln alle Produkte auftragsbezogen und kundenindividuell. Wenn Sie so wollen, sind wir Forscher. Genau diese Expertise wollten wir in ein eigenes Produkt stecken: die aus unserer Sicht ideale Kaltschaummatratze.

matrazzo® ist ein Produkt von Ottobock – vom Anfang bis zum fertigen Ergebnis. Was zeichnet Ihr Produkt aus? Wie fertigt man die perfekte Matratze?

Zunächst einmal arbeiten wir ausschließlich mit qualitätsgeprüften Rohstoffen, die strengen Prüfungen unterzogen werden, bevor sie zum Einsatz kommen. Das ist in der Branche leider nicht überall der Fall. Wir sind etablierter Zulieferer für die Automobilindustrie, das heißt, unsere Schaumstoffe stecken in fast jedem Automobil deutscher Hersteller, zum Beispiel im Dachhimmel oder in den Sitzen. Deshalb unterliegen unsere Produkte einer strikten Kontrolle. Dieses Qualitätsdenken, beginnend bei den Rohstoffen bis hin zu einer effizienten Produktion, übertragen wir natürlich auch auf die Herstellung unserer Matratzen. Wir arbeiten ausschließlich mit verlässlichen Zulieferern zusammen, denen wir aufgrund der langjährigen Partnerschaft vertrauen können und von denen wir Qualität gewohnt sind.

Ein zweiter wichtiger Punkt ist unser Know-how, von dem ich eben schon gesprochen habe. Wir wollten mit diesem Produkt ganz bewusst etwas schaffen, das auf Basis unserer Erfahrung und unseres Wissens über Kaltschaum entsteht – und das in der besten Materialqualität und -zusammensetzung. Wir verzichten beispielsweise auf unnötige Klebungen, wie sie oft vorgenommen werden, um Material einzusparen. Wir setzen auf ein hohes Raumgewicht, das die Langlebigkeit und natürlich den Liegekomfort von matrazzo® deutlich erhöht. Außerdem verwenden wir einen punktelastischen Schaum. Das bedeutet, nur die Stellen des Körpers sinken tiefer ein, die das auch tun sollen, beispielsweise beim Seitenschläfer vorrangig Schultern und Becken. Bei einer Veränderung der Schlafposition passt sich die Matratze durch diese Eigenschaft automatisch an. Sie gibt also nur dort nach, wo sie es gerade soll. So wird die Wirbelsäule in jeder Position optimal unterstützt. 

Welche Besonderheiten liefert die Produktion? Weshalb legen Sie Wert darauf, alle nötigen Komponenten in Deutschland herzustellen?

Ein ganz wichtiger Punkt: Wir fertigen unser Produkt komplett an einem Ort. Wenn Sie so wollen, arbeiten wir ähnlich wie eine Manufaktur – nur in Groß und natürlich nur teilweise mit der Hand. Da wir ohnehin seit Jahrzehnten für die verschiedensten Marken unterschiedlichste Modelle produzieren, haben wir einen sehr vielfältigen Maschinenpark. Den nutzen wir auch für die Herstellung von matrazzo®. Der Vorteil dieser Arbeitsweise liegt neben dem Qualitätsaspekt in den kurzen Wegen. Vom Auftragen des flüssigen Rohstoffes auf die Schaumstraße bis zum fertig bezogenen und transportfähig verpackten Endprodukt passiert alles auf 40.000 Quadratmeter Produktions- und Lagerfläche. Dadurch arbeiten wir nahezu unabhängig von äußeren Einflüssen, weil wir schlicht und einfach alles selber machen. Außerdem verfügen wir anders als andere über eine eigene Schaumstraße, das macht uns hoch flexibel und ermöglicht es uns, „just in time“ zu produzieren.

Was erhoffen Sie vom Schritt in die neue „Selbstständigkeit“?

In erster Linie ein erfolgreiches Produkt. Aber auch, dass unsere Kunden verstehen, was dahintersteckt: eine wirklich gut gemachte Matratze, die nichts Geringeres ist, als das Ergebnis von jahrzehntelang aufgebautem Know-how in der Herstellung von Kaltschäumen. Wir arbeiten nicht mit vermeintlichen Preisrabatten und falschen Werbeversprechen, wie man das immer wieder beobachtet. Wir sind ehrlich gegenüber unseren Kunden. Das ist mir sehr wichtig.

Sie verzichten bewusst auf ein großes Vertriebsnetz. Wie ist Ihre Strategie, um auf dem Markt entsprechenden Absatz zu generieren? Über welche Kanäle kann man Ihr Produkt erwerben? 

Zunächst einmal verbirgt sich hinter matrazzo® ein sehr bekannter Name. Ottobock steht ja nicht nur für die Schaumstoffproduktion, sondern für einen Konzern mit mehreren Tätigkeitsfeldern. Dieser Konzern – übrigens ein Familienunternehmen und Hauptarbeitgeber in der Region – besteht seit über 90 Jahren und agiert heute weltweit, ganz besonders in den Bereichen Prothetik und Orthetik. Schon allein aufgrund dieses regionalen Bekanntheitsgrades erschien uns zum einen der Direktvertrieb über einen Fabrikverkauf als rentable Möglichkeit, bei entsprechender Werbung schnell Verkäufe zu generieren. Zum anderen geht heute nichts mehr ohne die digitale Welt. Daher setzen wir einen großen Schwerpunkt auf den Onlinevertrieb über unseren Webshop und nehmen viel Geld für ein gezieltes Onlinemarketing in die Hand. Wir wollen im Netz auf möglichst breiter Ebene wahrgenommen werden und sind auf einem sehr guten Weg. 

Bei der Preisgestaltung agieren Sie nach außen äußerst transparent – es gibt weder Rabatte noch Sonderpreise. Welche Philosophie steckt dahinter? 

Das ist genau das, was ich vorhin schon angedeutet habe. Die Preispolitik im Matratzenhandel ist fast so undurchsichtig wie die an der Tankstelle. Es gibt hier eine unglaubliche Preiswillkür. Und es wird auch immer wieder der Vorwurf laut, dass sich Händler untereinander absprechen. Und was aus meiner Sicht noch viel schlimmer ist: Ein hoher Preis bedeutet nicht zwangsläufig auch eine hohe Produktqualität und andersherum. Wir agieren anders. Ein Produkt, ein Preis und fertig. Ich sage es einmal frei heraus: Wir wollen unsere Kunden nicht veräppeln.

Nach dem Kauf können Kunden ihre neue Matratze 30 Tage lang zu Hause testen. Während dieser Zeit ist die Rückgabe per Abholung jederzeit möglich. Wie werden Rückläufer für den weiteren Verkauf hygienisch aufbereitet?

Nein. Eine Matratze, die einmal unser Haus verlässt, wird grundsätzlich nicht wieder in den Umlauf zum Kunden gebracht. Das geht schon allein aus hygienischen Gründen nicht. Selbst wenn sich der Kunde nur in der Größe vertan hat und versichert, nicht auf der Matratze geschlafen zu haben, können wir nicht zu 100 Prozent nachweisen, welchem Umfeld die Matratze ausgesetzt war. Das ist auch nur fair unseren Kunden gegenüber, die ja für ein neuwertiges Produkt bezahlen. Was wir machen, ist, den Zustand der retournierten Matratzen durch unser Qualitätsmanagement zu prüfen und die Bezüge von makellosen Modellen bei 60 Grad zu waschen. Damit sind sie wieder frisch, werden eingeschweißt zwischengelagert und begeben sich dann als karitative Spenden auf den Weg in Gebiete, in denen gerade Hilfe notwendig ist.

Sie bezeichnen sich selbst als Unternehmen, das fair und engagiert neben seiner ökologischen Verantwortung auch seinem Pflichtbewusstsein als weltweit agierender Arbeitgeber nachkommt. Welche Beispiele können Sie uns hierzu nennen?

Zum einen achten wir natürlich schon in der Produktion darauf, umweltrelevante Emissionen zu vermeiden. Wir haben unseren Energieverbrauch im gesamten Unternehmen in den vergangenen Jahren drastisch gesenkt, indem wir zum Beispiel Strom und Wärme aus einer eigens für Ottobock gebauten Biogasanlage beziehen. Aber es geht nicht nur um ökologische Verantwortung, sondern auch um gerechte Löhne – in Deutschland genau wie an unseren Standorten im Ausland. Außerdem engagieren wir uns sozial über die Otto-Bock-Stiftung. Wir haben zum Beispiel für Erdbebenopfer aus Haiti Hilfsaktionen gestartet, aber engagieren uns auch ganz aktuell in der Flüchtlingskrise mit Matratzenspenden für die überall entstehenden Unterkünfte. 

In welchem Markt- bzw. Produktsegment können Sie sich vorstellen, dass Ottobock Kunststoff künftig ebenfalls eine bedeutende Rolle spielt?

Da muss ich ein bisschen philosophisch werden. Ich glaube, dass besonders die Consumer- und Lifestyle-Industrie künftig ein spannenderes Feld für uns werden kann, als das bisher der Fall war. Mit matrazzo® haben wir unser erstes eigenes Lifestyle-Produkt geschaffen und uns im Zuge dessen sehr umfassend mit diesem Markt beschäftigt. Wir haben festgestellt, dass dieser sich momentan an einem spannenden Wendepunkt befindet. Das Stichwort heißt „Cocooning“, was den gesellschaftlichen Trend bezeichnet, sich immer mehr ins häusliche Privatleben zurückzuziehen. Die Menschen legen mehr Wert auf ein perfektes Zuhause und eine erfüllte Freizeit. Sie wollen Bio statt Made in China und Veggie statt Fertigravioli. Das gilt nicht nur bei der Auswahl der neuen Matratze, sondern geht vom Kinderspielzeug bis hin zur Biotomate auf dem eigenen Balkon. Es wird viel stärker auf Qualität und Produktherkunft geachtet. Genau auf diese beiden Dinge setzen wir – auch in Zukunft. Ein konkretes neues Projekt gibt es aber noch nicht. Dazu sind wir momentan viel zu sehr mit dem aktuellen beschäftigt.

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JÜRGEN HENZE

Jürgen Henze, geboren 1958 in Wunstorf, ist seit etwa 20 Jahren bei der Otto Bock Kunststoff GmbH tätig und wurde bereits wenige Jahre nach seinem Eintritt ins Unternehmen Geschäftsführer. Davor arbeitete er beim Chemieunternehmen BASF in Deutschland und Frankreich. In seiner Freizeit reist er gerne, mit Vorliebe ins nahe europäische Ausland, da er beruflich oft weit in die Ferne schweift. Allein nach China ist er bereits 50 Mal dienstlich gereist.    

INTEGRATOR UND BERATER

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KUNDE

Otto Bock Kunststoff GmbH
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